Willkommen zum neuen kuerbis.org Weekly! Heute möchte ich mir wieder zwei Themen vornehmen – zum einen ein eher technisches Thema, und zwar die Einrichtung von Redirects mit Nginx, zum anderen ein gänzlich anderes Thema aus dem Bereich der Personalentwicklung bzw. Persönlichkeitstypologie. Allzu theoretisch soll es jedoch nicht werden, denn ich hatte vor, anstatt allzu vielen Grundlagen eher persönliche Kommentare einfließen zu lassen.
Redirects mit Nginx
Zunächst jedoch zu Nginx und der Einrichtung von Redirects. Als ich vor kurzem vor der Aufgabe stand, auf einem bestehenden Web-Server ein neues CMS für den Web-Auftritt aufzusetzen, war die Einrichtung von HTTP-Redirects unumgänglich. Die Seite war von Google recht gut indiziert, die alten URLs insofern bekannt, weshalb es sowohl für die Besucher als auch für das Ranking in Suchmaschinen, d.h. SEO-Gründen ungünstig gewesen wäre, wenn beim Aufruf nahezu aller vorherigen URLs nur eine HTTP-Fehlermeldung zurück gekommen wäre. So empfiehlt auch Google den Einsatz von 301-Weiterleitungen beim Umzug von Seiten-URLs.
Da der eingesetzte Web-Server Nginx war, konnten die gelieferten Redirects nicht mittels Apache-.htaccess-Datei konfiguriert werden. Doch auch Nginx bietet hervorragende Möglichkeiten, aufgrund der Anzahl der Redirects habe ich mich für den Einsatz einer Map entschieden. Bei einigen wenigen Redirects können diese direkt in der zum vhost gehörigen Konfiguration platziert werden.
Das einfachste Beispiel wäre somit folgendes:
location /old/url/ { return 301 /new/url; }
Dabei ist die location-Anweisung innerhalb einer server-Definition zu platzieren.
Eine weitere Anwendung ist die Weiterleitung von unverschlüsselten http- auf verschlüsselte https-Domains, wobei die Parameter in der URL erhalten bleiben:
server { listen 80; server_name www.kuerbis.org kuerbis.org; return 301 https://$server_name$request_uri; # enforce https }
Der konkrete Anwendungsfall bestand jedoch aus einer längeren Liste von Redirects, daher wurde diese als Map eingerichtet. Maps sind letztlich Listen von Key-Value-Paaren, oder auch Hashmaps. Die Liste von alten und neuen URLs wurden in einer Datei namens redirect.map gespeichert und bestand aus jeweils der alten und neuen URL. Im Beispiel:
/start /; /aktuelles/ /news; /referenzen/ /partner/; [...]
Damit die Map der Server-Konfiguration bekannt ist, wurde sie in der Datei /etc/nginx/sites-available/server.example.conf zunächst zu Beginn eingebunden:
map $uri $new { include /vol/www/server.example.com/redirect.map; } server { listen 80; ## listen for ipv4; this line is default and implied [...]
Daraufhin genügt in der weiteren Konfiguration innerhalb des server-Blocks folgende Anweisung, um die Map zu aktivieren:
if ($new) { rewrite ^ $new permanent; }
Anstatt „permanent“ kann auch „redirect“ angegeben werden, in diesem Fall wird der Redirect mit einem HTTP-Code 302 anstatt des permanenten Redirects mit 301 ausgeführt.
Der Neustart von Nginx führte jedoch zu einem Fehler, und zwar war die Hash-Speicher-Größe in der Standardeinstellung zu klein für die Anzahl der Redirects innerhalb der Map. Die Änderung habe ich in der zentralen Konfigurationsdatei /etc/nginx/nginx.conf platziert und sieht wie folgt aus:
map_hash_bucket_size 256;
Damit ließ sich Nginx auch wieder starten. Ob die Redirects funktionieren, kann z.B. auf der Kommandozeile per Curl oder im Browser mit entsprechenden Debugging-Tools getestet werden, dabei sollte insbesondere der gewünschte HTTP-Code beachtet werden.
Für meinen Anwendungsfall war diese Konfiguration ausreichend, es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass auch komplexere Szenarien etwa mit Hilfe von regulären Ausdrücken möglich sind. Falls ein Teil der alten und neuen URL gleich bleibt, lassen sich so einfach alte URLs in neue umschreiben, der Server wechseln, das Protokoll ändern, ein CDN für bestimmte Inhalte einbinden usw..
Damit schließe ich das technische Thema ab und komme nun zu einem ganz anderen, das man auch den beliebten „Soft-Skills“ zuordnen könnte.
Coaching „Typologie“
Vor einigen Tagen hatten wir im Kollegenkreis das Vergnügen, einem Coaching im Thema „Typologie“ beizuwohnen. Nun gehöre ich zweifellos zu einem eher kritischen Publikum, aber ich hatte mich dazu entschieden, erstmal möglichst unvoreingenommen an den Tag heran zu gehen und die Sache auf mich zukommen zu lassen. Immerhin ging es nicht darum, irgend welche Bäume zu erklimmen oder imaginäre Flüsse in der Gruppe zu überqueren.
„Psychologische Typen“ nach C.G. Jung
Das Thema das Tages war „Typologie“. Anfangs wurde C.G. Jung als Begründer der so genannten „Psychologischen Typen“ und somit der im Coaching angesprochenen Methodik benannt. Carl Gustav Jung war ein Schweizer Psychiater, sein Werk umfasst unter anderem Analytische Psychologie, die Theorie der Komplexe, Archetypen, Traumdeutung und Persönlichkeitsentwicklungen.
Aus der praktischen Arbeit in der Psychoanalyse entstammen die „Psychologischen Typen“. Dabei wird zunächst die Unterscheidung zwischen extravertierten (nach außen orientierten) und introvertierten (nach innen gerichteten) Menschen getroffen. Zur weiteren Differenzierung verwendet die Jung’sche Typologie vier Funktionen, und zwar Denken, Fühlen, Intuition und Empfinden. Daraus ergibt sich durch die Kombination mit den Attributen introvertiert und extravertiert ein Modell aus acht Persönlichkeitstypen.
Eine Weiterentwicklung bzgl. durch die Jung’sche Typologie beeinflusst gilt der Myers-Briggs Typenindikator (MBTI), der insbesondere im amerikanischen Raum einige Verbreitung gefunden hat. Dabei entstehen sogar insgesamt 16 Persönlichkeitstypen, deren vierbuchstabige Kürzel beinahe an Assembler-Mnemonics erinnern.
Das Modell
Aber gehen wir einen Schritt zurück, denn letztlich wurde die Jung’sche Typologie im Coaching zwar als Grundlage verwendet, jedoch war letztlich alles eine Dimension simpler gehalten. Zunächst wurde unterschieden zwischen Extraversion und Introversion. Diese gegensätzlichen Pole fanden in einer Art Koordinatensystem auf der Abszisse Platz – rechts extrovertiert, links introvertiert. Die zweite Dimension bestand aus Denken vs. Fühlen und wurde auf der Ordinate abgebildet – oben Denken, unten Fühlen. Wie sich leicht erkennen lässt, entstehen dadurch genau vier Quadranten, die jeweils mit Farben unterlegt werden, fertig ist das Insights MDI (R) Modell:
Die Erkenntnisse
Eine der Kernbotschaften lautete, dass alle Menschen alle Eigenschaften besitzen. Nur in unterschiedlicher Ausprägung. Im Laufe des Tages konnten wir dann „unseren Typ“ bauen, dazu dienten Lego-Steine als Veranschaulichung, je weiter oben die Farbe, desto deutlicher die Ausprägung der Veranlagung. Daneben wurden einige Beispiele genannt bzw. erarbeitet, wie welcher Typ sich im positiven Fall verhält bzw. wirkt, und wie im negativen. Beispielsweise könnte die Genauigkeit der „blauen Welt“ auch zu perfektionistisch wirken. Oder die Lebhaftigkeit und der Optimismus der „gelben Welt“ als Aufdringlichkeit, Oberflächlichkeit und Indiskretion empfunden werden. Des Weiteren wurden Regeln zum effektiven Umgang mit Typen aus den jeweiligen „Welten“ erörtert. Und nicht zuletzt Indizien herausgefunden, anhand welcher Merkmale sich Menschen aus den unterschiedlichen „Welten“ erkennen lassen.
Immerhin wurde einschränkend betont, dass diese Typologie nur ein Modell sei, die Wirklichkeit immer viel komplexer ist, aber sich vielleicht Anhaltspunkte herausfinden lassen, aufgrund derer man sich selbst und die Menschen um einen herum ein wenig besser verstehen kann. Und natürlich sollte sich die gesamte Typenbildung nur auf den beruflichen Kontext beziehen,
Die Kritik
Zunächst muss ich gestehen – der Tag ging relativ schnell vorüber, ich habe versucht, mich mit dem Modell zu beschäftigen und mich aktiv zu beteiligen. Und die Pizza war gut.
Darüber hinaus habe ich im Anschluss an den Tag ein wenig zu dem Thema nachgelesen und fand insbesondere bemerkenswert, dass die Jung’sche Typologie mittlerweile nicht nur als veraltet angesehen wird, sondern auch in der modernen Psychologie keine Rolle mehr spielt. Dasselbe gilt für den MBTI, der den Kriterien für Zuverlässigkeit und Genauigkeit nicht entspricht. Dennoch – oder vielleicht deswegen – werden jene „Tests“ zumeist im Personalwesen und Coaching eingesetzt.
Dazu kommt, dass in besagtem Coaching letztlich auf einem einfacheren Modell basiert, was durchaus umstritten ist, da „gerade die Typenlehre nach C. G. Jung in Fachkreisen als „antiquiertes Modell ohne empirische Belege“ gilt“ (Quelle: PDF): Das zu Beginn des Tages genannte wissenschaftliche Fundament beginnt insofern zu bröckeln, da Reliabilität und Valididät zu wünschen übrig lassen.
Aber wurde überhaupt „getestet“? Wenn man es genau nimmt, nein. Denn jeder Teilnehmer sollte sich selbst einschätzen, in welchem Farbspektrum er sich bewegt. Falls gewünscht, wurde diese Einschätzung mit den Kollegen diskutiert, Meinungen ausgetauscht und so die eine oder andere Ansicht möglicherweise gerade gerückt. Diese Art der Selbsteinschätzung ist jedoch sehr eindimensional, d.h. es bestand nur die Wahl der Farben. Insofern wurden „Test“ und Auswertung in einem Schritt durchgeführt.
Dabei kann der so genannte Barnum-Effekt (auch: Täuschung durch persönliche Validierung) zutage treten. Dieser aus der Psychologie entstammende Effekt besagt, dass allgemeingültige Aussagen als Beschreibung für die eigene Person wahrgenommen werden. Barnum-Aussagen kommen beispielsweise in Horoskopen oder beim Wahrsagen vor und treffen letztlich auf die meisten Menschen zu, so dass man sich darin selbst wieder erkennt. Dazu passt auch die Botschaft, dass „jeder alles hat“ (in Bezug auf die farbigen „Welten“), und selbstverständlich ist jeder einmalig.
Ein Grund, weshalb diese Art Pseudo-Test zum Einsatz kam, könnte auch in der Gesetzgebung bzw. Richtlinien des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen sein. So sollen echte psychologische Tests auch nur von Fachleuten durchgeführt werden, insbesondere wegen der Notwendigkeit professioneller Interpretation und anschließender Beratung bei der Testanwendung. Dabei bestehen echte Tests aus einer Vielzahl von Fragen, z.B. beinhaltet der Minnesota Multiphasic Personality Inventory (MMPI) 567 Fragen, die der Proband beantworten muss und durch Psychologen ausgewertet werden. Dabei wird zudem die Validität anhand spezieller Fragen geprüft, so dass Aussagen über die Ehrlichkeit der Antworten getroffen werden können.
Interessant fand ich auch die Bemerkung, dass die Selbsteinschätzung farbigen „Welten“ sich nur auf den beruflichen Kontext beziehen sollte. Immerhin existiert unter Psychologen ein Konsens, dass obwohl man sich in unterschiedlichen Umgebungen zwar anders verhält, die Persönlichkeitsmerkmale relativ stabil bleiben. Natürlich können einschneidende Erlebnisse eine Änderung erwirken, ebenso wie die Persönlichkeit bestimmt, ob es zu spezifischen Lebensereignissen kommt oder nicht. Die Persönlichkeit sei somit „stabil und wandelbar„. Dies würde insofern bedeuten, dass sich die Persönlichkeit im beruflichen und privaten Kontext nicht gänzlich unterscheidet. Damit wirken sich Tests und deren Interpretation auch auf den privaten Bereich aus. Alles andere würde den Sinn der Tests auch ad absurdum führen. Jedoch stellt sich damit die Frage, ob die Testergebnisse nicht vielleicht einen unerwünschten Eingriff in die Privatsphäre bedeuten.
Fazit
Neben den genannten Punkten habe ich mich letztlich auch gefragt – was bleibt als Ergebnis des Tages? Wie lässt sich die „Typologie“, wie lassen sich die Ergebnisse konkret anwenden? Persönlich denke ich, dass die Erkenntnis, dass wir alle einmalig sind und eine wie auch immer geartete, aber unterschiedliche Persönlichkeit mit Nuancen in verschiedenen Dimensionen besitzen, die aktuellen Probleme im Unternehmen nicht lösen werden. Dazu bedarf es meiner Ansicht nach anderer Hebel, Methoden und Maßnahmen. Vermutlich habe ich in meinem Berufsleben mit Vorgesetzten und Kollegen aus dem gesamten Farbspektrum zusammen gearbeitet.
Und: Es hat funktioniert.
Dabei habe ich jedoch nicht über Farben und Persönlichkeitstypen nachgedacht, sondern versucht, mich auf den jeweiligen Menschen gegenüber einzustellen. Mit manchen Chefs habe ich einen freundschaftlichen Umgang gepflegt, bei anderen wäre dies eher suboptimal gewesen. Mit Junior-Entwicklern versuche ich umgänglicher, vielleicht auch nachsichtiger zu sein, als mit Kollegen mit langjähriger Erfahrung. Dabei behalte ich mir vor, neugierig auf neue Ansätze zu sein, auf die ich vielleicht nicht gekommen wäre. Mit einer einst sehr aufbrausenden Kollegin aus dem Projektmanagement, mit der ich anfangs überhaupt nicht zurecht kam, habe ich nicht nur eine extrem produktive Zeit verbracht und gemeinsam hervorragende Ergebnisse produziert, sondern inzwischen verbindet uns eine langjährige Freundschaft. Und so weiter. Ich könnte noch Dutzende, wenn nicht Hunderte Beispiele nennen, wie sich Meinungen über Menschen und Persönlichkeiten einerseits festigen, andererseits aber auch vollkommen ändern können. Und natürlich ist mein Verhalten anderen gegenüber auch Teil meiner Persönlichkeit. Situationsbedingt bin ich sogar in der Lage, dies zielgerichtet anzupassen. Und ich denke, dass dies für jeden zutrifft, der mit „gesundem Menschenverstand“ anderen gegenüber tritt. Sogar „Sheldon Cooper“ (ohne Quelle, bitte selbst googlen) lernt dies im Laufe der Zeit bzw. der Serie, auch wenn es bei ihm schon etwas länger dauert. Aber ansonsten könnten wir uns ja auch nicht mehr über ihn amüsieren. Insofern – vielleicht hätte statt des Coachings auch ein paar Folgen „The Big Bang Theory“, zur Not mit anschließender Diskussion, denselben Effekt erwirkt.